Die 15 größten Irrtümer zum Arbeitsrecht (II): Die Kündigung


Von:  BV - Thomas Nonas (Syndikusrechsanwalt) / 16.09.2021 / 09:39


FRANKFURT. Thomas Nonas, Syndikusrechtsanwalt des Bundesverbandes, hat als Fachanwalt für Arbeitsrecht die 15 größten Irrtümer zu seinem Fachgebiet zusammengetragen. In der zweiten von drei Folgen stellen wir wieder fünf gängige Missverständnisse vor, die Mitarbeiter häufig annehmen, so aber nicht zutreffen – so beispielsweise bei unterschiedlichen Sachverhalten bei der Kündigung.


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  • Können Arbeitnehmer im Krankheitsfall gekündigt werden? Ist eine mündliche Kündigung bindend? - Syndikus-Rechtsanwalt Thomas Nonas ist unser Experte für das Arbeitsrecht und kennt die Antworten.

Irrtum Nr. 6: Arbeitsverträge können auch mündlich gekündigt werden

Im Grunde falsch. Der Arbeitsvertrag kann nur schriftlich gekündigt werden, gleichgültig, ob vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer. Eine mündliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unmittelbar ebenso wenig wie die Kündigung durch eine SMS, durch Fax oder E-Mail.

Irrtum Nr. 7: Hat der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt, kann er die Kündigung wieder zurücknehmen

Nein. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird wirksam, wenn sie dem Vertragspartner zugegangen ist. Mit dem Zugang entfaltet die Kündigung Ihre Wirkung. Diese Wirkung kann nicht nachträglich durch eine erklärte Rücknahme der Kündigung beseitigt werden. Die Rücknahme einer Kündigung ist vielmehr rechtlich als Angebot an den an den Vertragspartner zu werten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dieses Angebot kann dieser annehmen oder ablehnen. Im Falle der Arbeitgeberkündigung ist ggf. der Kündigungsschutz zu beachten. Im Falle der Arbeitnehmerkündigung aber nicht, da gibt es keinen Kündigungsschutz, sodass das Arbeitsverhältnis endet, wenn sich der Arbeitgeber nicht auf eine Fortsetzung einlässt.

Irrtum Nr. 8: Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist unwirksam, wenn sie keine Begründung enthält

Falsch. Aus dem Schreiben des Arbeitgebers muss nur hervorgehen, dass er das Arbeitsverhältnis beenden will. Die Angabe des Kündigungsgrundes ist nicht erforderlich. Bei fehlender Begründung ist also die Kündigung gleichwohl wirksam. Das gilt auch für die außerordentliche Kündigung. Zwar ist der Arbeitgeber bei einer außerordentlichen Kündigung gesetzlich verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitnehmers den Kündigungsgrund schriftlich mitzuteilen. Tut er das nicht, so macht dies die Kündigung aber nicht unwirksam. Der Arbeitnehmer kann unter Umständen allenfalls Schadensersatz verlangen.

Achtung: Die außerordentliche Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses bedarf aber immer einer Begründung im Kündigungschreiben.

Irrtum Nr. 9: Bevor der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, muss immer abgemahnt werden

Ebenfalls falsch. Besonders schwere Verstöße gegen den Arbeitsvertrag wie beispielsweise Missbrauch der Zeiterfassung, Diebstahl von Gegenständen des Arbeitgebers oder des Kunden, tätlicher Angriff, sexuelle Übergriffe oder ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot bedürfen in der Regel keiner vorherigen Abmahnung. Der Arbeitnehmer muss bei solchen Verstößen von vornherein damit rechnen kann, dass sein Verhalten vom Arbeitgeber nicht hingenommen wird. Bei solchen schwerwiegenden Verstößen gegen den Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung fristlos kündigen.

Irrtum Nr. 10: Wenn der Arbeitnehmer krank ist, kann er nicht gekündigt werden

Doch. Eine Krankheit des Arbeitnehmers ist zunächst einmal kein Kündigungsgrund. Die Kündigung ist allenfalls dann sozial gerechtfertigt und zulässig, wenn es sich um eine erhebliche Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers handelt und diese zu einer unzumutbaren betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führt. Hinzukommen muss, dass durch die Erkrankung erwartet werden muss, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft während eines erheblichen Zeitraums – etwa 24 Monate bei Dauererkrankung – arbeitsunfähig erkrankt sein wird (negative Gesundheitsprognose). Bei häufigen Kurzerkrankungen kann die Prognose aus der Vergangenheit abgeleitet werden. War der Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren häufig kurzerkrankt, dann ist anzunehmen, dass dies auch in Zukunft so sein wird.

Aber Vorsicht: Erfolgt die Kündigung als „Retourkutsche“ für eine Krankmeldung, kann sie unwirksam sein bzw. einen weiteren Entgeltfortzahlungsanspruch auslösen. Besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Beginn einer Arbeitsunfähigkeit und einer Kündigung, so wird eine Anlasskündigung i.S.d. § 8 EFZG vermutet, mit der Folge, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch bestehen bleibt. Der Arbeitgeber kann zwar den Beweis, dass eine Anlasskündigung nicht vorliegt, durch entsprechenden Sachvortrag und Beweisantritt führen. Das ist aber oft nicht so einfach.

Sofern sich aus den Umständen entnehmen lässt, dass die Kündigung ausgesprochen wurde, weil der Arbeitnehmer von seinem Recht Gebrauch macht, von der Arbeit fern zu bleiben, kann auch ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB vorliegen, mit der Folge, dass die Kündigung unwirksam ist. Dies wäre beispielsweise denkbar, wenn der Maler in Krankheit kontaktiert wird, mit der Bitte, bei einem bestimmten Projekt trotzdem zu helfen, er sich aber weigert, seine Krankheit zu unterbrechen und deshalb gekündigt wird. 

Redaktioneller Hinweis: Die nächste Folge "Die größten Irrtümer zum Arbeitsrecht (III)" wird in zwei Wochen veröffentlicht.


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