Die 15 größten Irrtümer zum Arbeitsrecht (III): Kündigungsschutz und Abfindung


Von:  BV - Thomas Nonas (Syndikusrechsanwalt) / 06.10.2021 / 09:28


FRANKFURT. Thomas Nonas, Syndikusrechtsanwalt des Bundesverbandes, hat als Fachanwalt für Arbeitsrecht die 15 größten Irrtümer zu seinem Fachgebiet zusammengetragen. In der letzten von drei Folgen stellen wir wieder fünf gängige Missverständnisse vor, die Mitarbeiter häufig annehmen, so aber nicht zutreffen – so etwa zum Thema Abfindung und Kündigungsschutz.


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  • Im Krankheitsfall geht der Arbeitnehmer zum Arzt und lässt sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen. Doch der Arbeitgeber muss dieser nicht immer vertrauen.

Irrtum Nr. 11: Nach einer betriebsbedingten Kündigung erhält der Arbeitnehmer immer eine Abfindung

Auch Falsch. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, an den Arbeitnehmer aufgrund einer Kündigung eine Abfindung zu zahlen. Auch dann nicht, wenn er das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen (z. B. Rationalisierungsmaßnahmen) kündigt. Das gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer einvernehmlich beendet wird. Eine Ausnahme besteht dann, wenn aus Anlass einer Betriebsänderung ein Sozialplan abgeschlossen wurde, nach dem der betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung einer Abfindung hat. Unter Umständen kann sich auch aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Abfindung ergeben. Die Abfindungszahlungen ergeben sich nahezu ausnahmslos im Rahmen von Klageverfahren, um als Arbeitgeber etwaige Verlustrisiken „abzugelten“. Je unbegründeter die Kündigung, desto höher wird die Abfindung sein.

Irrtum Nr. 12: Ich muss als Arbeitgeber der AU-Bescheinigungen eines Arztes immer vertrauen

Nein. Sofern der Arbeitnehmer einen nachvollziehbaren Grund bietet, dass er nicht tatsächlich erkrankt ist, dann ist der Anschein einer korrekten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Ein Innungsmitglied berichtete kürzlich, dass ein Arbeitnehmer seine Folge-AU wegen eines verstauchten Fußes mit einem Skateboard in den Betrieb brachte. Dass man hier nicht mehr auf die Krankmeldung des Arztes vertrauen braucht, dürfte klar sein. Ein weiterer Ausnahmefall ergibt sich daraus, dass ein Arbeitnehmer immer bis freitags krankgeschrieben wird und ab Montag erhält er eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wegen anderer Erkrankung. Die Folge: Der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum beginnt von neuem. Hier hat das Bundesarbeitsgericht jüngst entschieden, dass eine Folgeerkrankung dann vom Arbeitnehmer nachgewiesen werden muss, wenn der Arbeitnehmer zwischen den Erkrankungen keine Arbeitsleistung erbracht hat – wie sich das im Falle: „krank bis Freitag, Folge- AU ab Montag“ darstellt.

Irrtum Nr. 13: Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist ohne Zustimmung des Betriebsrates unwirksam

Auch das ist nicht richtig. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor einer Kündigung lediglich "anhören". Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Im Rahmen der Anhörung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Auch wenn der Betriebsrat der Kündigung widerspricht, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wirksam kündigen.

Irrtum Nr. 14: Schwerbehinderte, Betriebsräte, Schwangere oder andere Personen mit besonderem Kündigungsschutz können gar nicht gekündigt werden

Falsch. Zwar genießen beispielsweise Betriebsräte einen besonderen Kündigungsschutz während ihrer Amtszeit und ein Jahr danach, allerdings kann eine außerordentliche fristlose Kündigung zulässig sein. Im Falle einer schwerwiegenden Verletzung des Arbeitsvertrags (z. B. Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot oder Diebstahl) kann der Betriebsrat außerordentlich gekündigt werden. In diesen Fällen muss das Betriebsratsgremium der Kündigung zustimmen. Eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist von Arbeitnehmervertretern ist denkbar, wenn der gesamte Betrieb stillgelegt wird. Bei Schwerbehinderten kann eine Kündigung nach Zustimmung durch das Integrationsamt erfolgen. Bei Schwangeren ist dies nach Zustimmung durch die oberste Landesbehörde möglich.

Irrtum Nr. 15: Wenn ich einem Mitarbeiter kündige, dann brauche ich immer einen ganz gewichtigen Grund, sonst ziehe ich vor dem Arbeitsgericht meist den Kürzeren

Falsch. Problematisch wird eine Kündigung nur dann, wenn der Arbeitnehmer einen allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutz genießt. Das ist aber nicht immer der Fall. Gerade bei Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Mitarbeitern gibt es keinen allgemeinen Kündigungsschutz. Hier wäre die Kündigung nur dann unwirksam, wenn ein Verstoß gegen die Bestimmungen des besonderen Kündigungsschutzes (Betriebsratsmitglied, Schwangere ohne Zustimmung der obersten Landesbehörde, Schwerbehinderte ohne Zustimmung des Integrationsamtes) oder Treu und Glauben, Maßregelungsverbot oder Anlässlich eines Betriebsüberganges gekündigt wird. Des Weiteren besteht kein allgemeiner Kündigungsschutz bei Mitarbeitern, die weniger als sechs Monate beschäftigt sind.


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